Schulische Entwicklung

Begann die industrielle Entwicklung Nieder-Rodens erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, so findet sich der Anfang der schulischen Entwicklung bereits Mitte des 16. Jahrhunderts. Die erste Schule in Nieder-Roden war eine sogenannte »Küsterschule« und ist etwa um das Jahr 1548 errichtet worden. In dieser einklassigen Schule, in der Kinder im Alter von 7 bis 12 Jahren gleichzeitig unterrichtet wurden, erteilten der Pfarrer und der Küster den Unterricht. Der Küster war gleichzeitig Glöckner und Organist in der Kirche und hatte keine besondere Ausbildung zum Lehrfach. Entsprechend den ärmlichen Verhältnissen in Nieder-Roden wurde der Küster (Lehrer) nicht mit Geld, sondern in Naturalien entlohnt. Erst durch die Neuordnung des Schulwesens in dem Erzbistum Mainz im Jahre 1658 mußte der Lehrer eine Ausbildung zum Lehrberuf haben. Der Unterricht fand nur in den Wintermonaten statt, da die Kinder während der Sommermonate bei der Feldarbeit dringend gebraucht wurden.

Auch ein Schulgebäude muss schon vorhanden gewesen sein. In alten Chroniken wird es als Wunder bezeichnet, dass bei einer Brandstiftung am 24. Juni 1622 nur das Schulhaus, die Kirche und der Turm verschont blieben.

Dieses Schulhaus war Mitte des 18. Jahrhunderts in einem sehr schlechten Zustand. Der damalige Lehrer Peter Nees beklagte sich anlässlich einer Generalvisitation bitter darüber, dass die Schafe vom benachbarten Stall aus die Holzwände durchgefressen haben und nun die Köpfe in den Schulsaal stecken. Auch der Gestank, besonders bei veränderlichem Wetter, sei nicht zu ertragen.

 

Alte Schule bis 1880
Alte Schule bis 1880

Dies war Anlass, im Jahre 1755 ein neues Schulhaus zu bauen. Dieses Schulhaus stand an der Hauptstraße im heutigen Kirchgarten. Es hatte im unteren Geschoß einen geräumigen Schulsaal und im oberen Geschoß eine Wohnung für den Lehrer. Mit dem Anwachsen der Bevölkerung wuchs auch die Zahl der zu unterrichtenden Kinder; der eine Schulsaal reichte nicht mehr aus.

Im Jahre 1836 kaufte die Gemeinde für 900 Gulden das Anwesen des Bürgers Franz Winter. Die Scheune wurde zu 2 Schulsälen umgebaut, und im Wohnhaus wurden 2 Lehrerwohnungen errichtet. Etwa 40 Jahre später war auch diese Schule wieder zu klein, und so begann die Gemeinde im Jahre 1878 mit dem Bau eines neuen Schulhauses. Dieses erste aus Stein gebaute Schulhaus wurde am 5. Mai 1880 eingeweiht. Die Gemeinde musste hierfür bei der Spar- und Leihkasse in Seligenstadt 45 000 Mark, und bei der Nieder-Röder Kirchenkasse 5 000 Mark leihen. Das Richtfest am 22. September 1879 verursachte der Gemeinde Kosten in Höhe von 12 Mark.

 

Alte Schule seit 1880
Alte Schule seit 1880

Die alte Schule wurde am 26. April 1880 abgebrochen und als Gemeindehaus an der Ecke Hauptstraße/Frankfurter Straße wieder aufgebaut. Dieses Haus diente der Gemeinde für die Unterbringung derjenigen Bürger, die kein eigenes Haus hatten und auch keine Miete zahlen konnten. Es wurde allgemein als »Armenhaus« bezeichnet. Im Jahre 1955 wurde dieses Haus abgebrochen.

Weitere 30 Jahre später war auch diese Schule wieder zu klein, so daß in den Jahren 1907/08 eine Erweiterung auf nunmehr 6 Klassenräume vorgenommen wurde.

Nach 1945 wuchs die Bevölkerung sehr stark an. In den Jahren 1945-1947 wurden etwa 1000 heimatvertriebene Menschen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten in die Nieder-Röder Bevölkerung integriert. Das Lager Rollwald diente von 1945-1950 der amerikanischen Besatzungsbehörde als Entlassungslager deutscher Kriegsgefangener. Viele dieser jungen Männer, deren Heimat in den von Russland besetzten Ostgebieten war, fanden in den jungen Mädchen von Nieder-Roden die Frau fürs Leben, gründeten Familien und wurden hier sesshaft.

Die Bevölkerung von Nieder-Roden, die 1945 etwa 2500 Einwohner zählte, war 1955 auf etwa 5000 Menschen angewachsen. Entsprechend wuchs auch die Zahl der schulpflichtigen Kinder. Ein geregelter Unterricht in den vorhandenen Räumen war nicht mehr möglich. Eine neue größere, den neuesten pädagogischen Erkenntnissen entsprechende Schule wurde geplant. Schon 1958 konnte der erste Bauabschnitt mit Verwaltungsräumen, 4 neuen Schulsälen, Schulküche, Handarbeitsraum und Physiksaal bezogen werden.

 

Schule am Bürgerhaus
Schule am Bürgerhaus

Mit dem Bau des Bürgerhauses, das im Jahre 1960 seiner Bestimmung übergeben wurde, stand der Schule nun endlich auch die so dringend notwendige Turnhalle zur Verfügung. Im Jahre 1965 wurde der zweite Bauabschnitt mit weiteren 5 Schulsälen und dem schon lange gewünschten Werkraum bezogen.

Den 1052 Schülern standen somit in der alten und neuen Schule 15 Schulräume und 5 Fachräume zur Verfügung. Aber bereits 1968 musste die Schule erneut erweitert werden. Die Einführung der Förderstufe für das 5. und 6. Schuljahr (Kernunterricht im Klassenverband, Kursunterricht nach Leistungsvermögen in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch), erforderten weitere Schulsäle, was den Bau von zwei Pavillons mit vier Schulsälen notwendig machte.

Das weitere Anwachsen der Bevölkerung und die rege Bautätigkeit nördlich der Bahnlinie erforderten es, in der sich immer weiter ausdehnenden Gartenstadt »Birkenhain«, eine neue Grundschule zu bauen. Die Überquerung der Bahnlinie und der verkehrsreichen Hauptstraße für Schulanfänger war zu gefährlich. Im Jahre 1970 wurde die Gartenstadt-Schule mit 17 Schulräumen ihrer Bestimmung übergeben.

 

Bürgerhaus Nieder-Roden
Bürgerhaus Nieder-Roden

Die Einführung des 9. Pflichtschuljahres und die Änderung des Schulsystems (4 Jahre Grundschule, 2 Jahre Förderstufe, 4 Jahre Gesamtschule mit Abschluss »Mittlere Reife«, danach 3 Jahre Studienstufe mit Abschluss »Abitur«) und das weitere Anwachsen der Bevölkerung auf nahezu 12 000 Einwohner machte die Errichtung einer weiteren, dem neuen Schulsystem entsprechenden Schule notwendig. Ende 1974 wurde der erste Bauabschnitt der IGS (Integrierte Gesamtschule) an der Wiesbadener Straße seiner Bestimmung übergeben.

Bereits Ende 1977 war der zweite Bauabschnitt fertiggestellt, der dritte und vorerst letzte Bauabschnitt Ende 1978 seiner Bestimmung übergeben.

Im Erdgeschoß befinden sich die Fach- und Verwaltungsräume, und im 1. und 2. Obergeschoß die Räume für den Allgemein-Unterricht.

1984 feierte man den 10. Geburtstag und zählte ca. 1 000 Schüler die diese Schule bis zur »mittleren Reife« besuchen.

Für den Sportunterricht steht die in unmittelbarer Nähe errichtete moderne Sporthalle zur Verfügung.

Diese Sporthalle war das letzte große Projekt, das die Gemeinde Nieder-Roden in eigener Regie verwirklichen konnte. Die Konzipierung wurde von dem Nieder-Röder Bürger und Architekten Ottmar Weyland vorgenommen, der auch die Bauausführung überwachte. Die nach modernsten Gesichtspunkten errichtete Halle hat eine Nutzfläche von 1985 qm und ist mit einem Kostenaufwand von 2,15 Mio. DM errichtet worden.

 

Sporthalle in der Wiesbadener Straße
Sporthalle in der Wiesbadener Straße